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23.04.2024
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Roboter helfen beim Recycling

Mensch und Maschine Hand in Hand für mehr Nachhaltigkeit: Durst und Freie Universität Bozen automatisieren die Wiederaufbereitung von Industriedruckern.

„Wo gehobelt wird, fallen Späne“ heißt ein altes Sprichwort. Auf die heutige Zeit übersetzt bedeutet das: „Wo produziert wird, entsteht Abfall.“ Der meiste Ausschuss entsteht am Lebensende von Produkten, es sei denn, Teile des Produkts können wiederverwertet werden. Allerdings müssen dafür die verschiedenen Materialen voneinander getrennt werden, was in den meisten Fällen die Zerstörung der Waren zur Folge hat. Eine echte Wiederaufbereitung findet selten statt, weil sie sehr arbeitsintensiv und daher meist unrentabel ist. Die Automatisierung von Wiederaufbereitungsprozessen könnte hierfür eine Lösung sein.

Genau da setzt das Forschungsprojekt der Firma Durst und der Freien Universität Bozen an. Ihr gemeinsames Ziel ist ein robotergestütztes Wiederaufbereitungssystem, das Zeit und Arbeitskosten spart. Geforscht wird im Rahmen von Fusion Grant, einem Wettbewerb der Stiftung Südtiroler Sparkassein Zusammenarbeit mit NOI Techpark, dem Südtiroler Wirtschaftsring und WirtschaftsNetz Südtirol, der junge Forschende unterstützt und die Zusammenarbeit zwischen Forschungsinstituten und lokalen Unternehmen fördert.

Die Firma Durst aus Brixen ist als Hersteller von digitalen Hochleistungsdruckern prädestiniert für dieses Forschungsprojekt: „Unsere hochwertigen Drucker enthalten viele komplexe Komponenten, deren Wiederverwertung lohnt“, sagt Markus Runggatscher, Team Leader Production Engineering bei Durst. Um eine teilautomatisierte Wiederaufbereitung zu ermöglichen, muss zunächst der Fertigungsprozess analysiert werden: „Die Baugruppeneinheit, um die es im Projekt geht, ist ursprünglich für eine manuelle Montage entwickelt worden. Unser Ziel ist es nun, die Einheit so umzugestalten, dass die Arbeit zur Hälfte von einem Roboter erledigt werden kann.“

Dafür müssen Mensch und Maschine Hand in Hand arbeiten und das ist eine echte technische Herausforderung. Um sie zu meistern, kommt Künstliche Intelligenz zum Einsatz. Und zwar in Form eines intelligenten Computer Vision Systems, das menschliche Bewegungen und Objekte trackt und semantische Beschreibungen der Aufgaben mit Roboterplanungssystemen integriert. So weiß das System immer, welche Arbeitsschritte bereits erledigt sind, welche als nächstes folgen müssen und ob sich das soeben montierte Teil auch an der richtigen Stelle befindet.

„Das Problem ist, dass die Druckerkomponenten nicht nur feste Bestandteile enthalten, sondern auch Tinte, also Flüssigkeit, sowie jede Menge Kabel und kleine Schläuche – das macht die automatisierte Wiederaufbereitung nicht gerade einfach“, erklärt Angelika Peer. Sie ist die wissenschaftliche Koordinatorin des Projekts und Professorin an der Freien Universität Bozen, wo sie das Labor für Mensch-zentrierte Technologien und Maschinenintelligenz leitet. „Allerdings“, ergänzt sie, „können die semantischen Beschreibungen der Montage eines Objektes dazu genutzt werden, dasselbe Objekt in der umgekehrten Reihenfolge wieder auseinanderzunehmen. Und das mit der Veränderung nur einer Zeile im Code.“

Für die Programmierung der Roboter ist Seif El Islam Hasseini zuständig. Der junge Forscher beschreibt die Zusammenarbeit mit einem Partner aus der Wirtschaft als besonders interessant: „Einblick in die Erfordernisse der Industrie zu erhalten, macht den besonderen Reiz dieses Projekts aus“, so der Spezialist für Robotik und Automation.

Eines steht schon fest: Die Zusammenarbeit von Durst und unibz wird auch nach Beendigung der Fusion Grant Laufzeit fortgesetzt. Das Projekt hat nämlich eine Förderung des SMACT Competence Center erhalten, die nahtlos an Fusion Grant anschließt. Dahinter steht das ehrgeizige Ziel des Unternehmens, die Ergebnisse der Forschungsarbeit bis Ende kommenden Jahres in die Produktion zu integrieren.

Das unibz-Forschungsteam will das System anschließend auch für andere Unternehmen und Produktionsprozesse anwendbar machen. Denn schließlich wollen die Vereinten Nationen bis 2030 die weltweite Abfallmenge durch Vermeidung, Recycling und Wiederaufbereitung deutlich reduzieren. In der EU müssen Hersteller von Elektro- und Elektronikgeräten diese bereits heute am Ende ihrer Lebensdauer zurücknehmen und dem Recycling zuführen. Das Fusion-Grant-Projekt von Durst und unibz leistet dazu einen wichtigen Beitrag.

Übrigens: Unternehmen, die selbst ein Fusion Grant Projekt mit einem im NOI Techpark angesiedelten Forschungsinstitut entwickeln möchten, haben in Kürze Gelegenheit dazu. Bewerbungen für die dritte Ausgabe des Wettbewerbs können ab 29. Mai eingereicht werden. Mehr Informationen gibt es unter fusiongrant.info.

 

Bildunterschrift: Recycling und Automatisierung sind zwei große Driver für Nachhaltigkeit. Die Kombination von beiden verspricht großes Potenzial für produzierende Unternehmen. 

©NOI Techpark/Daniele Fiorentino