published
24.01.2023

Im Windkanal

Das Agroforestry Innovations Lab der unibz im NOI Techpark: Angewandte Forschung zum Wohle der Umwelt.

Von der Rennstrecke in Südtirols Apfelwiesen und Weinberge: Eine der spannenden Neuheiten in den Laboren des NOI Techpark ist eine Technologie, die gewöhnlich zum Testen von Sportwagen verwendet wird. Doch bekanntlich versteckt sich Innovation überall. Es gilt nur zu verstehen, wie wir sie erkennen, anpassen und umsetzen können. 

So geschehen im Windkanal des Labors für die Entwicklung von Agrar-Umwelttechnologien der Freien Universität Bozen, in dem neue Technologien für Anwendungen in der Land- und Forstwirtschaft sowie im Umweltsektor entwickelt werden. Hier wurde eine Technologie angepasst, die ursprünglich für die aerodynamische Analyse von Rennwagen entwickelt worden ist. Nun kann damit in einem definierten Test-Umfeld die Umweltverträglichkeit von Sprühgeräten und Fahrzeugen zur Ausbringung von Pflanzenschutzmitteln und anderen Stoffen getestet werden. Wie? Über die genaue Analyse ihrer Strömungen. Und nicht nur das, der Windkanal kann sogar für die Zertifizierung landwirtschaftlicher Geräte genutzt werden.

Eine Technologie, die nicht nur bei Forschenden der unibz, sondern auch bei Verbänden und technischen Unternehmen aus dem Agrarsektor auf zunehmendes Interesse stößt. Eines dieser Unternehmen ist Caffini, ein bekannter Hersteller von Maschinen zur Ausbringung von Pflanzenschutzmitteln. Caffini ist eine von mehreren Firmen, die im Agroforestry Innovations Lab bereits Labortests durchgeführt haben, um die von der EU für die Inbetriebnahme von landwirtschaftlichen Maschinen geforderten Zertifizierungen zu erhalten. Im unibz-Labor sind solche Zertifizierungen sowohl nach italienischen als auch nach deutschen Parametern möglich.

Doch zurück zu den Strömungen. Wie werden landwirtschaftliche Maschinen im Windkanal des NOI Techpark getestet? Die Tests beginnen mit ausgeschaltetem Gebläse. Nach dem Absenken der Raumtrenner wird das Gebläse vom Boden des Tunnels aus aktiviert, um den Wind zu simulieren, wobei mit einer Höchstgeschwindigkeit von 20 km/h gearbeitet wird (also rund ein Zehntel der Geschwindigkeit, die normalerweise für aerodynamische Tests an Autos eingesetzt wird). Dann fährt der Traktor mit dem Spritzanhänger vor dem Tunnel vorbei und versprüht über Zerstäuberdüsen Wasser, um die Ausbringung von Pflanzenschutzmittel zu simulieren. Spezielle Abfanggeräte, sogenannte Patternatoren, messen, wie sehr sich das Produkt über die versprühte Wolke ablagert. Aus den Analysen kann dann auf das Ausmaß der Abdrift geschlossen werden. Ist sie zu hoch, wird das Labor das Unternehmen anweisen, die Maschinenkonfiguration zu überarbeiten.

Auf diese Weise können landwirtschaftliche Maschinen unter realen Bedingungen getestet werden. Durch die Bewertung der Ausbreitung der Pflanzenschutzmittel ist es möglich, die Baumerkmale der Maschinen zu optimieren, um das Phänomen der Abdrift und damit die Pestizidbelastung zu begrenzen. Mit einem optischen System, dem sogenannten „Ombrograph“ oder „Shadowgraph“, ist es möglich, die Zahl der Partikel abzuschätzen, die voraussichtlich zurückbleiben, indem Proben von Zehntausenden von Tropfen fotografiert werden. Ihre Menge und Verteilung in unterschiedlichen Höhen wird dagegen über die Patternatoren berechnet, die so gebaut sind, dass sie das versprühte Wasser in vertikalen Abständen von jeweils 10 Zentimetern auffangen. Dies ist auch durch eine Beschichtung mit wasserempfindlichem Papier möglich, das beim Auffangen der Tropfen genau anzeigt, wie sie sich auf Oberflächen verteilen.

 

Im Labor sind also breit gefächerte Kompetenzen im Bereich der Agrartechnik zu finden – ob hinsichtlich bautechnischer und funktionaler Aspekte der eingesetzten Technologien, agronomischer Skills oder digitalem Know-how im Bereich der Datenerhebung. Doch das von Prof. Fabrizio Mazzetto geführte Labor führt noch viele weitere Aktivitäten durch: von der Entwicklung technologischer Lösungen für die Automatisierung land- und forstwirtschaftlicher Prozesse und für die computergestützte Verwaltung für Unternehmen im Agrar- und Umweltbereich über die Untersuchung der Sicherheitsbedingungen von Maschinen in extremen Hanglagen bis hin zur Energieeffizienz von landwirtschaftlichen Maschinen, inklusive jener, die mit alternativen Kraftstoffen betrieben werden. Denn Forschung und Innovation haben in der Tat unzählige Anwendungsbereiche - nicht zuletzt die Produkt- und Prozesszertifizierung im Zusammenhang mit Technologien für die unterschiedlichen Bereiche der Land- und Forstwirtschaft.