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28.11.2023
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„Unkonventionelle“ Start-ups: die neue Ära

„Unkonventionelle“ Start-ups: die neue Ära

„Es war einmal ein junger Tüftler in einer Garage“. Bis vor kurzem hätten genau so viele innovative Start-up-Geschichten begonnen. Bis vor kurzem, denn die Start-ups von heute entstehen nicht mehr unbedingt in Garagen und Kellern, sondern vielmehr in Inkubatoren. Noch dazu sind viele Gründerinnen und Gründer heutzutage auch mal ein paar Jahre älter, mitunter bereits etablierte Geschäftsleute. Und ja, wir haben es schon vorweggenommen: Es sind auch nicht mehr nur Männer, die den Sprung zum eigenen Start-up wagen. Die neue Ära der „unkonventionellen“ Start-ups hat begonnen. Was genau das heißen soll? Wir haben zwei unserer Start-ups interviewt, die man gut und gerne als „unkonventionell“ bezeichnen kann: Fortissimo, gegründet von Valeria Told, und NSPulse von Alberto Salvia und Federico Camiciottoli.

Wer waren Sie, bevor Sie Start-upperin bzw. Start-upper wurden?

Valeria:
„Ich war Generaldirektorin des Haydn-Orchesters von Bozen und Trient. Ein Umfeld, das wenig innovativ zu sein scheint. Aber für mich war die Berufung zur Innovation immer sehr stark. Deshalb habe ich beschlossen, mich ihr zu verschreiben und mein eigenes Start-up Fortissimo zu gründen. Mein Ziel: Die Technologie nutzen, um Kindern klassische Musik näherzubringen.“

Alberto: „Ich habe mehr als 20 Jahre Erfahrung in einem multinationalen Umfeld, habe in vielen Teilen der Welt gelebt und gearbeitet. NSPulse ist nicht meine erste Start-up-Erfahrung, bereits 2011 habe ich mit drei Partnern ein innovatives Restaurantunternehmen in Singapur gegründet. Einige Zeit später habe ich es verkauft, aber der Drang, Unternehmer zu sein, mein eigenes Business zu haben, war ungebrochen. So habe ich im Juli 2023 mit meinem Partner Federico NSPulse gegründet. Unser Ziel ist es, den Markt für pflanzliche Proteine zu revolutionieren. Wir haben uns dabei bewusst für den Start-up Incubator des NOI Techpark entschieden, weil es hier ein Kompetenzzentrum für Fermentation gibt – ein Schlüsselthema für uns, denn unsere Produkte basieren auf Fermentation.“

Welchen Herausforderungen sind Sie bei Ihrem Lebenswandel begegnet?

Valeria:

„Sich nur auf sich selbst zu verlassen, war vielleicht die erste große Herausforderung. Dann kommt die finanzielle Frage: Man muss smart sein und wissen, wie man mit Investoren in Kontakt kommt. Und schließlich dreht sich viel um die richtige Zeiteinteilung: Eine Unternehmensgründerin hat per Definition viele Ideen, aber sie muss wissen, worauf sie sich konzentrieren soll, analytisch sein und Prioritäten setzen. Deshalb ist für mich kein Tag wie der andere, jeden Tag stehen bei mir ganz viele unterschiedliche Themen an: Organisation, Produkte, Buchhaltung, Budgetierung, Fundraising und natürlich die Vision, das große Ganze. Ich würde sagen, dass man ein Start-up gründen kann, wenn man gerne arbeitet: Harte Arbeit gehört definitiv dazu.“

Alberto: „Die Bürokratie ist eine tägliche Herausforderung, für die man kompetente Partner braucht. Aber man muss auch wissen, wie man mit Wirtschafts- und Humanressourcen umgeht. Man hat es oft mit unterschiedlichen Profilen zu tun und dann geht es darum, situativ zu führen. Wenn man wie ich als Manager in großen Unternehmen gearbeitet hat, ist man es gewohnt, in Hierarchien zu denken. In Start-ups fehlt das alles und man braucht eine andere Herangehensweise. Aber ich bringe viele Fähigkeiten aus meinem früheren Leben mit. Bei der Strukturierung des Businessplans hat mir zum Beispiel mein Branchenwissen geholfen, das aus den Erfahrungen stammt, die ich in der Vergangenheit gemacht habe und immer noch mache: Ich bin ja selbst Berater für andere Start-ups und Investor. All dies hat mir die Möglichkeit gegeben, durch die Geschichten anderer zu sehen, welche Fehler man nicht machen sollte, beispielsweise unwirksame Businesspläne, mangelnde Planung oder ein unzureichendes Kostenmanagement, um nur einige zu nennen.“

 Was macht in ihren Augen eine Start-upperin bzw. einen Start-upper aus und wie fühlen Sie sich heute in diesen Schuhen?

Valeria:

„Um ein Start-up zu gründen, muss man visionär und vielleicht sogar ein bisschen verrückt sein. Es ist, als ob man ein Haus betritt, das renoviert werden soll, und sich vorstellt, was man daraus machen möchte, wobei man die anfänglichen Risiken in Kauf nimmt. Die wichtigste Fähigkeit ist, an die Zukunft zu glauben, sonst funktioniert es nicht. Es braucht Vertrauen, die Bereitschaft zuzuhören und den Wunsch, gemeinsam zu wachsen. Ich habe immer mit dem Blick in die Zukunft gelebt, nicht mit dem Blick in die Vergangenheit. Deshalb passt die Rolle der Start-upperin sehr gut zu meiner Identität.“

Alberto: „Im Moment lebe ich mit einer gewissen Unruhe. Wir befinden uns in der Phase vor dem Produktlaunch, also in der Phase ohne Einnahmen, aber wir wissen sehr genau, wo wir hinwollen, und wir können es kaum erwarten, uns dem Markt zu stellen. Deshalb würde ich mich aktuell als ungeduldigen Start-upper beschreiben.“

Wie verändert sich die Founder-Community aus Ihrer Sicht?

Valeria: „Wir befinden uns nicht mehr in der Ära der isolierten Garagen, heute steht das Teilen im Mittelpunkt. Ein Besuch im NOI Techpark macht das deutlich: Stärke entsteht durch den Austausch von Ideen. Es ist unglaublich nützlich, sich mit anderen zu vergleichen, um zu verstehen, wie sie den Vertrieb managen, wie sie mit dem Humankapital umgehen, wie sie ihre Werte vermitteln. Die Start-ups, die am besten funktionieren, sind diejenigen, die zusammenarbeiten.“

Alberto: „Die Community ist älter, als man denkt: Nach dem Coronavirus haben viele die bisherigen Grundprinzipien in Frage gestellt und sich neuen beruflichen Abenteuern zugewandt. Aber sie taten es bewusster: Die Start-upper von heute tappen nicht im Dunkeln. Sie wissen genau, an welchen Incubator sie sich wenden können, um die nötige Orientierung zu erhalten.“

 

Die Geschichten von Valeria und Alberto zeigen, wie sich die Start-up Szene in den letzten Jahren verändert hat. Eine Veränderung, die wir im NOI Techpark spüren und aktiv mitgestalten. Unter anderem durch eine ständige Anpassung unserer Services, so geschehen mit dem Call for Business Ideas. Erstmals richten wir uns nicht nur an angehende Gründerinnen und Gründer mit einer innovativen Geschäftsidee, sondern auch an Personen mit einer vielversprechenden Produktidee, also an Erfinderinnen und Erfinder. Im Inventors & Pre-Incubation Programme werden sie vier Monate lang in unserem Start-up Incubator betreut. Und sie bekommen exklusiven Zugang zu den Geräten und dem Know-how unserer Prototypenwerkstatt Maker Space. Interessierte können sich bis zum 14. Dezember bewerben: https://noi.bz.it/de/fuer-start-ups/call-for-business-ideas