published
23.05.2023

Ein Booster namens Fusion Grant

Mit einer Web-App zur Berechnung unterschiedlicher Leistungsindikatoren von Glasfassaden vereinfacht das in Bozen ansässige Unternehmen glassAdvisor die Arbeit von Planern und der gesamten Lieferkette. Dank des Wettbewerbs Fusion Grant und des wissenschaftlichen Know-hows von Eurac Research wagt man sich nun noch in weit komplexere Bereiche vor.

Eigentlich hätte sich Luca Papaiz schon zufrieden zurücklehnen können. 2016 hatte der Innovationsberater einer Firma für Sonnenschutzvorrichtungen gemeinsam mit Kollegen, die auf der ganzen Welt verstreut sind, das innovative Start-upglassAdvisor gegründet. Seitdem haben sie den Markt voll und ganz von ihrem Produkt überzeugen können: einem Berechnungstool, das als Web-App auf jedem Tablet in kurzer Zeit Ergebnisse zu Leistungsindikatoren von Verglasungen liefert, an denen sonst Expert*innen in großen Ingenieursbüros weit länger tüfteln. Ob statische Berechnungen, Schalldämmmaße oder die Simulation der thermisch-optischen Wirkung von Sonnenschutzeinrichtungen. „Mit unserer App ermöglichen wir dem Planer, aber auch dem einfachen Glaser, Berechnungen zu machen, für die bislang hochqualifizierte Profis zuständig waren“, erklärt der Unternehmensgründer.

Warum er sich dennoch entschloss, an der ersten Ausgabe von Fusion Grant teilzunehmen? Weil Luca Papaiz bereit für den nächsten Schritt war. „Bisher haben wir Prozesse vereinfacht, die es bereits gibt. Jetzt wollten wir dagegen in neue Gebiete vordringen“, erklärt er. Konkret in die Komplexität, die sich durch das Zusammenspiel von Verglasungen und Sonnenschutzvorrichtungen ergibt. Hier treffen so viele unterschiedliche Variablen aufeinander, dass es oft ein Ding der Unmöglichkeit sei, exakt zu berechnen, wie stark Lamellen, Jalousien oder sonstige Arten von Sonnenschutz das Glas vor Erwärmung schützen bzw. kühlen. Einer der unsichersten Faktoren seien dabei die Luftströme, die sich zwischen Fenster und Sonnenschutz bewegen und die vielfach zu langsam seien, um sie überhaupt zu messen.

Neue Impulse zur Überwindung dieser Hürde erhielt man bei glassAdvisor im Rahmen von Fusion Grant am Institut für Erneuerbare Energie von Eurach Research. Papaiz‘ dortiger Sparringpartner? Der Postdoc-Forscher Giuseppe De Michele, der sich als Teil der Forschungsgruppe im Bereich „Energy Efficient Building“ unter anderem auf die Entwicklung von Methoden zur Bewertung der thermooptischen Leistung komplexer Fenstersysteme durch Simulationen und Messungen spezialisiert hat. Er entwickelte gemeinsam mit glassAdvisor im Verlauf des vergangenen Jahres Algorithmen, die es erlauben, mehr Variablen zu berücksichtigen, um sich so einer weit genaueren statischen und dynamischen Energiesimulation von komplexen Gebäudefassaden aus Glas anzunähern. Ein wichtiger Schritt, und das nicht nur für glassAdvisor. Denn je genauer die Bewertung des energetischen Verhaltens solch transparenter Gebäudehüllen ist, desto umweltverträglicher können sie geplant bzw. bewohnt werden.

Noch ist das Projekt nicht ganz abgeschlossen, doch die Grundversion steht und kann nach einigen letzten Feinschliffen in die App integriert werden.

Bereits jetzt sind beide Partner mit den Ergebnissen sehr zufrieden. „Ich bin es gewohnt, dass Forschungsprojekte meist auf drei bis vier Jahre angelegt sind und gleich mehrere Partner umfassen. Umso spannender war es nun, in einem Jahr so angewandt mit einem lokalen Unternehmen zu arbeiten und auch schon ein ziemlich konkretes Ergebnis hervorzubringen“, so Giuseppe De Michele. Noch weit enthusiastischer zeigt sich Luca Papaiz: „Dank Fusion Grant haben wir bereits ein hervorragendes Resultat erreicht, das es uns erlaubt, jede Art von Sonnenschutz zu simulieren“, sagt der Unternehmer. „Vor allem aber haben wir nun einen Engpass überwunden, der uns in der Weiterentwicklung unseres Produkts bisher gebremst hat. Mit diesem Booster eröffnet sich für uns eine neue Welt, in der wir weitere Simulationen für eine Vielzahl an spezifischen Produkten entwickeln können.“

Fusion Grant - was genau ist das? Der Wettbewerb, der 2020 von der Stiftung Südtiroler Sparkasse unter der Koordinierung von NOI Techpark und in Kooperation mit dem Südtiroler Wirtschaftsring und Rete Economia – WirtschaftsNetz ins Leben gerufen wurde, will die Zusammenarbeit zwischen Forschungseinrichtungen im NOI und Unternehmen fördern sowie hochqualifizierte Forschende unter 40 Jahren mit einem Stipendium unterstützen. Bei der ersten Ausgabe wurden neun Projekte mit insgesamt 400.000 Euro unterstützt. Die zweite Ausgabe startet am 6. Mai, bereits jetzt können sich interessierte Unternehmen und Forschungsteams dazu informieren: noi.bz.it/fusion-grant.