Magazine
Nachhaltig, sozial und flexibel: Coworking im neuen NOI Techpark Bruneck
Herr Morini, Sie haben Ihr eigenes Start-up gegründet. Können Sie uns erzählen, wie alles begann?
Ich hatte im Jahr 2017 die Idee zum Projekt NATURALSALUS und konnte zur Umsetzung drei weitere Partner gewinnen. Einer der Partner war Pharmakologe und hatte bereits ein Labor für die Herstellung von Nahrungsergänzungsmitteln. Ein weiterer Partner war Arzt, der dritte Partner wiederum war im Bereich Nahrungsergänzungsmittel tätig und ich selbst kam aus dem Managementbereich und brachte Führungserfahrung in großen Unternehmen mit. Unsere Idee war es, die Prinzipien der westlichen Phytotherapie mit jenen der Traditionellen Chinesischen Medizin zusammenzubringen, um damit Produkte zu entwickeln, die das Wohlbefinden der Menschen verbessern und in der Vorbeugung der häufigsten chronischen Krankheiten wirksam sein können. Wir haben dafür ein spezielles Verfahren zur Extraktion von Wirkstoffen aus Pflanzen entwickelt und haben es uns patentieren lassen. Dieses Verfahren ermöglicht es uns, besonders konzentrierte Pflanzenwirkstoffe herzustellen. Das war also die Geschäftsidee, mit der ich mich Ende 2017 beim NOI Techpark in Bozen vorgestellt habe.
Warum haben Sie ihr Glück in Bozen gesucht und nicht anderswo in Italien? Was war für Sie ausschlaggebend?
Ich war der festen Überzeugung, dass Südtirol der richtige Standort für eine Marke ist, die im Bereich Natürlichkeit, Wellness und Nachhaltigkeit punkten will. Für mich gab es keinen besseren Ort in Italien, um unsere Idee zu verwirklichen. Als ich in Bozen ankam, war der NOI Techpark gerade erst eröffnet worden. Ich kam also auf diesen beeindruckenden Campus – eine inspirierende Konzentration von Strukturen, die als Forschungslabore, als Räume für Innovation und für Start-ups genutzt werden –, stellte das Projekt vor und wurde in den Start-up Incubator aufgenommen.
Wie ging es dann weiter?
Im Januar 2018 habe ich mich im NOI niedergelassen und begonnen, einen Businessplan zu entwickeln. Ich brachte mehr als 30 Jahre Erfahrung in der Leitung großer Unternehmen mit komplexen Strukturen mit und war entsprechend gut gerüstet, um dieses Projekt zu strukturieren. Aber die Unterstützung durch das NOI-Netzwerk war wesentlich für unseren Erfolg. Zum Beispiel die Zusammenarbeit mit der Freien Universität Bozen in Person von Professor Matteo Scampicchio, mit dem wir unser Extraktionsverfahren wissenschaftlich validiert und anschließend patentiert haben. Wir sind dann im Juli 2018 mit der eigentlichen Arbeit gestartet, haben nach weiteren sechs Monaten das Unternehmen NATURALSALUS gegründet und haben begonnen, Rezepturen zu kreieren, die die Philosophie der westlichen und östlichen Naturmedizin verbinden. Daraus sind einige sehr interessante Produkte entstanden, die wir Mitte 2019 auf den Markt gebracht haben und die sofort sehr gut angenommen wurden.
Und das nicht nur von den Kundinnen und Kunden, sondern auch von Investorinnen und Investoren…
Richtig, wir wurden als eines von 30 EU-Projekten ausgewählt, die sich in Brüssel auf dem jährlichen Treffen der European Business Angels präsentieren durften. So hatten wir erstmals Gelegenheit, unser Projekt vor einem größeren Publikum potenzieller Investorinnen und Investoren zu präsentieren. Darauf folgte ein Matching Day in Genf mit lokalen und multinationalen Unternehmen aus dem Pharma- und Lebensmittelbereich. Sehr wichtig für unsere Entwicklung waren aber auch die Beiträge, die wir von der Autonomen Provinz Bozen erhalten haben. Auch dieser Unterstützung ist es zu verdanken, dass wir zwei Patente - eines in Italien und eines in Europa - anmelden und Ende 2019 mit unserer gesamten Produktlinie auf den Markt gehen konnten.
Wie wichtig war die Unterstützung, die Sie im NOI Start-up Incubator erhalten haben, für die Entwicklung Ihres Start-ups?
Als ich nach Bozen kam, war der NOI Techpark gerade in der Startphase und vieles war neu. Man könnte also sagen, wir haben uns ein bisschen gegenseitig geholfen. Dank meiner Managementerfahrung konnte ich auch den anderen Start-ups helfen, die mit mir gemeinsam im NOI angesiedelt waren, und auf der anderen Seite konnten wir die Unterstützung des hiesigen Netzwerks in Anspruch nehmen, mit Kontakten zur Provinz Bozen, zur Handelskammer, zur Freien Universität Bozen und zu Forschungsinstituten. Das heißt, wir hatten einen einfachen Zugang zu allem, was wir für die Entwicklung unseres Projekts brauchten. Das Team des Start-up Incubator hat zudem Schulungen auf den Weg gebracht, die für die Unterstützung von Start-ups enorm wichtig sind. Denn normalerweise bestehen Start-ups aus jungen Leuten, die viel über das Produkt wissen, das sie entwickeln, aber oft sehr wenig über die Rahmenbedingungen, die geschaffen werden müssen, damit ein Unternehmen erfolgreich ist.
Sie selbst waren erfolgreich mit NATURALSALUS, als sie den Start-up Incubator nach drei Jahren verlassen haben.
Als wir NOI im Jahr 2021 verließen, waren wir bereits in Kontakt mit zwei bedeutenden italienischen Unternehmen aus dem Pharmabereich, die auf unsere Produkte aufmerksam geworden waren und sie als besonders innovativ einstuften. Am Ende eines langsamen Annäherungs- und Validationsprozesses haben wir uns für eines dieser Unternehmen als Partner entschieden, welches dann das Projekt übernommen hat. Wichtig war uns dabei, dass unsere Idee und unsere Marke bestehen bleiben, dass eine kommerzielle Weiterentwicklung auf internationalem Niveau gewährleistet ist und dass auch die Verbindung zu Südtirol erhalten bleibt.
Und auch sie selbst sind Südtirol und dem NOI weiterhin verbunden.
Ja. Nach dem Erfolg von NATURALSALUS haben wir ein neues Projekt mit Sitz in Bozen gestartet: das Start-up EGAVI'. Wir haben eine natürliche Quelle in Pedratsches im Gadertal erworben und arbeiten dort mit Professorin Raffaela Di Cagno vom Micro4Food Labor der Freien Universität Bozen in einer Forschungs- und Entwicklungsarbeit zu den Mikrobiota und dem Mikrobiom der Quelle zusammen. Darüber hinaus bin ich seit ein paar Monaten Teil des Mentoren- und Coaching-Netzwerks für die Start-ups im NOI. Die Start-ups mit meiner Erfahrung zu unterstützen, macht mir sehr viel Spaß – und das habe ich ja schon immer getan, auch als ich selbst noch im Start-up Incubator war. Seit gut einem Jahr bin ich auch selbst Business Angel: Ich gehöre der Vereinigung der Business Angels in Mailand an, die sich Italian Angels for Growth nennt und einer der wichtigsten Verbände ist, die hierzulande in Start-ups investieren. Und gerade versuche ich, eine Verbindung zwischen Bozen und Mailand herzustellen, denn Mailand ist natürlich ein wichtiges Innovationszentrum, viele bedeutende Risikokapitalfonds und Business-Angel-Vereinigungen sind dort angesiedelt.